Eine Volksversammlung ist eine echte Selbstorganisation des Volkes. Es ist ein Ort, an dem sich die Hände des Volkes zusammenfinden. Das darin organisierte Volk besteht aus den Menschen, die von der Ausbeutung erniedrigt und von grundlegenden Bereichen des Lebens ausgeschlossen sind. Die Volksversammlung wird gebildet von den Arbeitern, den Beamten, den Kleinhändlern, den Arbeitslosen, den Jugendlichen, den Alten und von allen anderen Menschen, die in Würde leben wollen. Es gibt dort keine Unterschiede zwischen den Menschen und keine Hierarchien. Provokateure, Unterdrücker, Ausbeuter, Räuber und Diebe sind von der Teilnahme an der Volksversammlung ausgeschlossen. Die Versammlung diskutiert die Probleme des Volkes und versucht, einen Weg zur Lösung zu finden. Sie trifft Entscheidungen, die vom vom Volk umgesetzt werden. Der Wille des Volkes ist ebenfalls ein Thema der Versammlung . Die Menschen des Volkes wollen nicht ausgebeutet und unterdrückt werden. Sie wollen menschenwürdig leben, sie wollen eine gesicherte Zukunft für ihre Kinder und ein gesichertes Auskommen im Alter. Sie wollen nicht, daß die Rohstoffe des Landes zugunsten anderer ausgebeutet werden. Sie wollen ein geschwisterliches Zusammenleben aller Völker, aller Nationalitäten und Glaubensrichtungen. Sie wollen keine Freiheiten, die nur auf dem Papier stehen. Aus diesem Selbstverständnis folgt, daß die Volksversammlung eine Organisation für ein menschlicheres und würdevolleres Leben ist. Sie dient zur Gegenwehr gegen die volksfeindlichen Kräfte, gegen die Unterdrückung, gegen das Organisationsverbot und gegen die Grausamkeit des Staates.
Welche Aufgaben hat die Volksversammlung?
Die Volksversammlung hat folgende Aufgaben und Funktionen: Die Lösung von Problemen im Viertel durch solidarischen Kampf. Die Vereinigung aller Organisationen, die in seinem Zuständigkeitsbereich gegen Ausbeutung und Unterdrückung kämpfen. Die Stärkung des Widerstands des Volkes gegen den Staatsterror, um Sicherheit im Viertel zu schaffen, um die Einschüchterung des Volkes zu verhindern und um den Schaden der staatlichen Angriffe auf ein Minimum zu beschränken. Die Sicherung des Selbstbestimmungsrechts aller Menschen heute und in der Zukunft. Die Sammlung von Erfahrungen in der Selbstverwaltung des Volkes. Die Bildung einer Einheit aus Suryoye, Araber, Armenier, Griechen, Türken, Kurden, aus Christen, Muslime, Juden und Jesiden oder aus Arbeitern und Kleinhändlern auf der Basis der gemeinsamen Interessen, und damit die Überwindung aller nationalen, religiösen und beruflichen Diskriminierungen. Dies wird den Boden für die Solidarität der Menschen aus den verschiedenen beruflichen, religiösen, nationalen und kulturellen Gruppen des Volkes bereiten. Die Anleitung des Volkes, sich seiner Kraft bewußt zu werden und dadurch Selbstvertrauen zu gewinnen. Die Beteiligung der schöpferischen Kraft des Volkes am Befreiungskampf. Die Schaffung einer ernstzunehmenden Kraft gegen die Macht des herrschenden Systems. Die Verbreitung des Bewußtseins, daß der Kampf für unsere Forderungen ein Kampf für ein freies, gleichberechtigtes und gerechtes Leben sein muß.
Warum wollen wir eine Volksversammlung?
Heute existieren in den verschiedenen Regionen und auf verschiedenen Ebenen viele Massenorganisationen mit unterschiedlichen Inhalten und Zielen. Die meisten von ihnen sind im Kampf des Volkes entstanden und haben sich mit ihm entwickelt. Sie besitzen einen reichen Schatz an Erfahrungen. Der Kampf ist nun an einem Punkt angekommen, an dem neue, bessere und fest in den Massen verankerte Organisationsformen geschaffen werden müssen. Die Volksversammlungen sind solche Organisationen des Volkes, die sich aus früheren Erfahrungen heraus formiert haben. In unserem Umfeld gibt es eine Vielzahl von Organisationsformen, unterteilt nach Berufen, Branchen, Nationalitäten, Glaubensrichtungen und Regionen. Die von uns angestrebten Volksversammlung stehen allen Menschen offen, unabhängig von ihrer Nationalität, ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer Glaubensrichtung, ihrem Beruf oder ihrem Alter, denn dies macht ja den Charakter einer Volksversammlung aus. Wichtige Eigenschaften einer Volksversammlung ist das Vertretungssystem, die Satzung und das imperative Mandat, nach dem die Delegierten an den Willen ihrer Basis gebunden sind. In vielen Organisationen, die wir kennen, herrscht die Bürokratie, und die Basis bleibt ausgeschlossen. Dort überläßt man dem Vorstand die wichtigen Aufgaben, die Entscheidungen werden von den Verantwortlichen getroffen. Im Gegensatz dazu sind in unseren Organisationen die Aufgaben anders verteilt: jeder erhält direkt durch seine Teilnahme an den Sitzungen das Recht, seine Meinung zu äußern und mit abzustimmen. Hier kann sich der Wille des Volkes offen äußern. Die Vereine, die Gewerkschaften und die anderen Organisationen werden unabhängig weiterarbeiten. Doch die Kräfte des Volkes in den Vierteln der Werktätigen vereinigen sich in den Versammlungen.
Die Versammlungen werden zu Massenorganisationen heranwachsen, die mit der Solidarität des Volkes, der Einheit des Kampfes und der Kräfte und der breitesten Demokratisierung konkrete Erfolge erzielen. Wir können mit der Gründung, der Verbreitung und der Zentralisierung der Volksversammlungen im ganzen Land das große Potential des Volkes in eine riesengroße organisierte Kraft verwandeln.
Wie wird eine Volksversammlung gegründet?
Der entscheidende Punkt bei der Gründung von Volksversammlungen sind unsere Schritte, unser Einsatz und unsere Entschlossenheit, mit der wir uns an das Volk wenden. Aus verschiedenen Richtungen wird es aus unterschiedlichen Gedanken und Absichten heraus Versuche geben, die Versammlung zu sabotieren, und das wird Rückschläge bewirken. Die herrschenden Kräfte können propagieren, daß sie die Probleme der Menschen lösen würden, wenn diese nicht an der Organisierung teilnehmen. Diesen Versuchen zum Trotz müssen wir geduldig sein, das Volk hartnäckig von der Wahrheit zu überzeugen und es zu lehren, die Dinge selber in die Hand zu nehmen. Wenn wir das geschafft haben, bleibt noch die Frage nach der Form des Gründungsprozesses. Diese kann unterschiedlich sein. In den Stadtvierteln, in denen die Gründung eines Rates an der Tagesordnung ist, gibt es bereits eine Geschichte des Kampfes. Die Menschen kennen sich bereits untereinander. Der erste Schritt zur Gründung einer Vollversammlung kann eine Versammlung der Menschen sein, die schon vorher am Kampf in dem Viertel beteiligt waren, die sich organisieren wollen und die die Notwendigkeit der Volksversammlung bereits begriffen haben. Es ist sehr wichtig, daß diese Menschen planen, wie die Volksversammlung zu gründen ist und was sie leisten soll. Sie legen fest, welche Einrichtungen, politischen Gruppen und Personen angesprochen werden können und wer sich an diese wendet. Zuerst holen die Gründer die verschiedenen Meinungen zu der Volksversammlung ein, und später rufen sie zu einer großen Versammlung mit vielen Menschen auf. In weiteren Versammlungen wird sich die Teilnehmerzahl allmählich vergrößern. Ab einem bestimmten Zeitpunkt wird je nach der Situation im Viertel, nach dem Charakter der Gegend und nach den Eigenschaften der Aktivisten mit der Arbeit begonnen. Dafür gibt es kein festes Rezept, es müssen schöpferische Konzepte entworfen werden, wie man alle Menschen im Viertel erreichen kann. Wenn diese Aufgabe zufriedenstellend gelöst ist, wird festgestellt, welche Personen Mitglied der Vollversammlung wird und aus wievielen Mitgliedern er besteht. Es wird geklärt, welche Themen als erstes anstehen, ob und welche Delegierten zu wählen sind und nach welchen Regeln das Gremium arbeitet. Schließlich wird die VOLKSVERSAMMLUNG gegründet und seine Gründung bekannt gemacht.